Der Unterricht in der Oberstufe


>>Wir haben nicht die Aufgabe, unserer heranwachsenden Generation Überzeugungen zu überliefern. Wir sollen sie dazu bringen, ihre eigene Urteilskraft, ihr eigenes Auffassungsvermögen zu gebrauchen. Sie sollen lernen, mit offenen Augen in die Welt zu sehen. Ob wir an der Wahrheit dessen, was wir der Jugend überliefern, zweifeln oder nicht: darauf kommt es nicht an. Unsere Überzeugungen gelten nur für uns. Wir bringen sie der Jugend bei, um ihr zu sagen: So sehen wir die Welt an; seht zu, wie sie sich euch darstellt. Fähigkeiten sollen wir wecken, nicht Überzeugungen überliefern. Nicht an unsere „Wahrheiten“ soll die Jugend glauben, sondern an unsere Persönlichkeit. Dass wir Suchende sind, sollen die Heranwachsenden bemerken. Und auf die Wege der Suchenden sollen wir sie bringen. <<
          
Rudolf Steiner,
gesammelte Aufsätze zur Kultur und Zeitgeschichte

 

Mit dem Einstieg in die Oberstufe endet die Klassenlehrerzeit. Ein neuer Klassenbetreuer übernimmt die Begleitung bis zum Abschluss der 12. Klasse. Einzelne Epochen werden nun von Fachkollegen unterrichtet.
Dem Alter der Schüler gemäß sind nun Fachkompetenz und Know-how des Lehrers, aber auch der Unterrichtsinhalt oder der Arbeitsauftrag selbst das maß- und autoritätsgebende Element des Lernens.

Allgemeinbildender Unterricht

Die Inhalte des Epochenunterrichts sollen den Schülern ein umfassendes Bild der Welt vermitteln und ihnen schließlich einen eigenen Blick auf dieselbe ermöglichen.
Neben den gängigen Lerninhalten wird z.B. Kulturgeschichte anhand besonderer Biografien, Naturwissenschaft anhand von Experimenten und Projekten oder Biologie u.a. in Form von Wald- und Landbauprojekten betrieben.

Die schriftliche Aufarbeitung stellt in Mappen, Heften oder Portfolios die persönliche Reflektion des Themas durch den einzelnen Schüler dar.

Eine weitere Möglichkeit der individuellen Auseinandersetzung mit einem Thema sind Referate. Je nach Begabung können sie in unterschiedlichem Umfang in Wort oder auch Bild erstellt werden. – Wer nicht so gut schreiben kann, ist  vielleicht ein genialer Erzähler, und wem auch das schwer fällt, der zeigt in seinen Bildern, was ihn an seinem Thema besonders begeistert hat. Jedem ist die Wertschätzung seiner Mitschüler für die persönliche Leistung gewiss.


Bedürfnisorientierter Fachunterricht

Das Motiv, jeden Schüler nach seinen besonderen Bedürfnissen zu fördern, stellt uns im Hinblick auf die Zeit nach der Schule vor die Herausforderung, Lernangebote zu machen, von denen niemand unter- oder überfordert ist.
Während dies im allgemeinbildenden Unterricht durch eine Binnendifferenzierung innerhalb der Klassengemeinschaft geschehen kann, ist in den Lernfächern eine Aufteilung in spezielle Lerngruppen sinnvoll. In den so genannten „bunten Gruppen“ können die einen ihre Grundfertigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen z.B. anhand von lebenspraktischen Übungen erweitern und vertiefen; die anderen – z.B. Schüler, die den Hauptschulabschluss anstreben – benötigen Lern- und Übungsstrategien die ihnen rechtzeitig den Umgang mit Testsituationen erleichtern; in einer weiteren Gruppe können z.B. Deutsch und Mathematik schon berufsorientiert bearbeitet werden.


Künstlerisch-praktischer Unterricht

Der so genannte KPU-Unterricht wird von ausgebildeten Fachkollegen in Blöcken von sechs bis acht Wochen in drei Doppelstunden pro Woche erteilt.
In den verschiedenen Werkstätten wird an gemeinschaftlichen und individuellen Projekten gearbeitet, welche unter dem Aspekt „Lernen mit Ernstcharakter“ vorrangig das sinnvolle Tun als Teil der menschlichen Gemeinschaft ermöglichen sollen.

Hauswirtschaft

Kochen, Backen, Konservieren, Wäschepflege, Hygiene

Metallwerkstatt

Kupfertreiben, Schmieden, Elektrowerken

Holzwerkstatt

Tischlern, Schreinern, Holzbildhauen

Textilwerkstatt

Wollverarbeitung, Weben, Nähen, Korbflechten

Keramikwerkstatt

Töpfern, Plastizieren, Steinbildhauen

Gartenbau

Gemüse und Zierpflanzenanbau, Ernte, Konservierung, Imkerei

Papierwerkstatt

Drucken, Marmorieren, Kartonage

Atelier

Zeichnen, Malen, Linoldruck, Bühnenbild














Projekte, Praktika, Berufsvorbereitung

Der Jugendliche, der seinen Platz in der Welt finden möchte, benötigt vielfältige Möglichkeiten, um sich an Tätigkeiten und Herausforderungen zu erproben.

Unsere Gemeinschaftsprojekte stellen hierfür zunächst einen geschützten Rahmen  dar:





Einzelpraktika

Das im gemeinschaftlichen Tun erworbene Selbstbewusstsein motiviert zu individuellen Wegen:

  • Vorbereitet und begleitet durch den Klassenbetreuer absolviert jeder Schüler in der 11. Klasse ein Berufsorientierungs-Praktikum, in dem er die Zusammenhänge des Arbeitslebens kennen lernen kann. Erste Erfahrungen mit den eigenen Stärken und Schwächen bilden eine gute Grundlage zur weiteren Orientierung.
  • In der 12. Klasse soll das Einzelpraktikum in einem Betrieb die konkrete Berufsfindung ermöglichen. Manch einer hat auf diesem Wege seine spätere Lehrstelle gefunden.
Präsentation der Praktika

Facharbeit

Als eigentliche Abschlussprüfung für die Lernzeit in der Johannes-Schule, wird die Facharbeit angesehen:
Jeder Schüler wählt sich selbst ein Thema und setzt sich über den Zeitraum eines Jahres praktisch und theoretisch damit auseinander.
Dafür sucht er sich einen Betreuer, der seine Arbeit begleitet.
Neben der Erstellung einer schriftlichen Mappe wird ein Werkstück angefertigt oder ein künstlerisches Projekt erarbeitet.

Abschluss und Höhepunkt dieses ganz individuellen Lernweges ist die öffentliche Vorstellung vor einem großen Publikum anhand eines Vortrags und/oder der Präsentation dessen, was künstlerisch erarbeitet wurde.
Schließlich können sich die Schülerinnen und Schüler zu Recht als Meister ihres Fachs ansehen. Die Erfahrung der selbständigen Erarbeitung und Darstellung eines Themas stärkt das Selbstbewusstsein und bietet nicht zuletzt eine gute Grundlage für berufsrelevante Kompetenzen.

 

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