Wünsche werden Wirklichkeit
Zur Geschichte der Johannes-Schule
Zu Beginn der Achtzigerjahre trafen sich Eltern, Freunde und Paten eines kleinen Jungen mit Down Syndrom regelmäßig in seinem Elternhaus und lasen in dem Buch „Lin“ von Albert Steffen und im „Heilpädagogischen Kurs“ von Rudolf Steiner.
Auch an anderen Stellen regte sich das Interesse an der Heilpädagogik: Eltern, die für ihre schulpflichtig werdende Tochter mit Autismus eine besondere Schule suchten; Erzieher auf dem Solveigshof, die nach geeigneten Fördermöglichkeiten für ihre Schützlinge suchten; Waldorflehrer, die einigen ihrer Schüler einen geschützteren Rahmen wünschten.
Über zwei Jahre trafen sich all diese Menschen regelmäßig im damaligen „Initiativkreis“. Hier wurden Gedanken und Erfahrungen ausgetauscht, und zur geistigen Anregung wurde das Buch „Soziale Gestaltung am Beispiel heilpädagogischer Einrichtungen“ von B.C. Lievegoed gelesen.
Gleichzeitig standen die Kinder vor der „Tür“. Eine solche gab es aber ebenso wenig wie einen Ort für die in den Köpfen und Herzen schon so lebendig gewordene Schule.
Da stand plötzlich der „Gasthof zur grünen Laube“ in unmittelbarer Nachbarschaft zur Freien Waldorfschule Evinghausen zum Verkauf. Hier waren schon in den Fünfziger Jahren die Weihnachtsspiele von den Schülern des ersten Waldorflehrers in Evinghausen - Heinz Inderbiethen - aufgeführt worden.
Aus dem Kollegium der Waldorfschule wurde Unterstützung für die Bewältigung der finanziellen Herausforderung geleistet und eine rechtliche Kooperation machte das scheinbar Unmögliche möglich:
Die ersten fünf Kinder hatten im November 1986 ihren ersten Schultag in der Johannes-Schule.
In einem von den Initiativkreismitgliedern hergerichteten Klassenraum begrüßten sie ihre Lehrerin, Frau Krause, und nahmen auf den gespendeten Stühlen Platz.
Zur Feier des Tages wurde ein Baum gepflanzt. Diese Tradition wurde über viele Jahre fortgesetzt. Der Kreis der Kinder und Lehrer, die zu Michaeli einen Baum pflanzten, wurde immer größer.
So wie diese Bäume wuchs auch die Schule Jahr um Jahr. Immer wieder in Eigenleistung durch Eltern und Freunde entstand mit jedem Schuljahr ein neuer Klassenraum, wurden Flure verschönert und ein kleiner Morgenkreisraum in der alten Gaststube eingerichtet. Stallungen und Garagen wurden zu Werkräumen, der Hof wurde begrünt und ein Parkplatz geschottert, denn inzwischen kamen die Schüler mit Bussen.
Mit 7 Klassen war die Kapazität des Wohngebäudes mehr als ausgeschöpft, und der Zulauf war weiterhin so groß, dass man ans Bauen denken musste. Zunächst bot die große Scheune ein Dach für neue Klassenräume, Therapieräume und endlich einen neuen Morgenkreisraum, in dem alle Schüler und Lehrer auch sitzen konnten. Der Hausmeister baute Bänke dafür.
Mit dem neuen Turnlehrer und den ersten Klassenspielen, für deren Publikum auch der Morgenkreisraum inzwischen zu eng wurde, entstand der Wunsch nach einer Turnhalle. Dank zahlreicher Unterstützung durch Eltern, Freunde und Spender konnte er in die Tat umgesetzt werden, und ein Haus für Musik und künstlerisches Gestalten wurde kurze Zeit später daran angebaut.
Die neuen Räume füllten sich mit vielfältigem Leben. Mitte der Neunziger Jahre hatte die Johannes-Schule das Ziel – eine Klasse für jede Jahrgangsstufe – erreicht. In den folgenden Jahren wurden manche davon so groß, dass die ehemaligen Wohnräume im Gasthof-Gebäude zu eng wurden. Wieder entstand der Bedarf nach neuen Räumen und wieder wirkten Eltern, Lehrer, Freunde, Förderer sowie großzügige Spender so tatkräftig und mutig zusammen, dass ein Neubau geplant und errichtet werden konnte.
Neben all diesen räumlichen Erweiterungen gestaltete sich das Leben in der Johannes-Schule in fortwährender Entwicklung. Mit jedem neuen Schüler und mit jedem neu hinzukommenden Lehrer gab es neue Herausforderungen und Ideen. So entwickelten sich Traditionen zu den Festeszeiten, kamen neue Fächer und Projekte hinzu, wurden Stellen für pädagogische Mitarbeiter eingerichtet. Die Werkstatträume ermöglichten das Praxis-Konzept für die Oberstufe, die Bereiche Kunst, Naturwissenschaft und Gartenbau wurden aufgebaut.
Für die Abschlüsse fanden differenzierte Lerngruppen, die Facharbeiten und berufsvorbereitende Praktika Eingang in das Konzept. In Zusammenarbeit mit der Schulärztin konnte das Angebot an Therapien erweitert werden. Auf Elternwunsch wurde eine Nachmittagsbetreuung eingerichtet.
So an den Bedürfnissen der Schüler orientiert, hat sich die Johannes-Schule stetig weiter entwickelt und bietet nun räumlich und inhaltlich Entwicklungsraum für die vielfältigsten individuellen Wege der Kinder und Jugendlichen in ihren Klassengemeinschaften.