Bramscher Nachrichten 29. September 2009 00:00 Uhr
Förderschüler begeistern durch Hingabe
Scheinbar alt ist die Geschichte von Tevje, dem Milchmann, der in seinem fortwährenden „Einerseits – Andererseits“ zwischen dem Hadern mit seiner Armut und seiner Gottesfürchtigkeit ringt.
Altbekannt sein: „Wenn ich einmal reich wär“; scheinbar überholt der Gegensatz von Tradition und liebevoller Akzeptanz des Neuen. Und doch vermag das Geschehen in dem kleinen Dörfchen Anatevka noch heute ein Publikum aus allen Altersgruppen zu rühren. Vor allem dann, wenn es mit dem Elan und der Inbrunst einer Schülergruppe auf die Bühne gebracht wird, die aus Individualitäten besonderer Art zusammengesetzt ist. Die 10 Schüler der zwölften Klasse der Johannes-Schule Evinghausen zeigten in herausragenden Einzelleistungen und in einem beindruckenden Zusammenspiel, dass sich Menschen mit unterschiedlichen „Förderbedürfnissen“ wunderbar ergänzen können.
Während die einen mit viel Text und Gesangssoli brillierten, trugen die anderen mit Körpersprache, Improvisationstalent und Spielfreude dazu bei, dass viele Szenen überzeugend und authentisch wirkten. Alle gemeinsam gestalteten die traurige Geschichte von der Vertreibung der Juden, die mit einem sehr feinen Sinn für Humor erzählt wird.
Getragen durch ein kleines Orchester von Profimusikern und unterstützt durch einen Chor aus der elften Klasse, trugen deftige Gesänge und zarte Lieder durch Freud und Leid des Geschehens.
„Was man auf der Bühne nicht sieht“ – so die engagierte Klassenlehrerin – „sind die großartigen Lernprozesse, welche die fast einjährige Arbeit an diesem Stück ermöglicht hat.“ Da wollten die einen plötzlich ihre Rolle lesen können und übten das deutliche Sprechen, ein Schüler überwandt die Scheu, sich zu bewegen, ein anderer entdeckte seine wunderbare Singstimme.
Das Bühnenbild wurde gemeinsam gebaut, ein Programmheft geschrieben, und die zahlreichen Umbauten zwischen den Szenen verlangten Teamgeist und Konzentration. Projekte dieser Art verfolgen nicht zuletzt aber auch das Ziel, die Schüler in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken, dass, um mit Tevje zu sprechen, schließlich jeder mutig seine eigene Lebensmelodie spielen kann. – So wie der Fiedler auf dem Dach!