Bramscher Nachrichten
Autor: Holger Schulze 19. September 2010 14:30 Uh
Jahresarbeiten an der
Johannesschule vorgestellt
Beispiele von Geduld und Ausdauer
Evinghausen. Praktisches Tun sowie die damit korrespondierenden theoretischen Überlegungen und deren Darstellung, das erwartet der Lehrplan der nach den Regeln der Waldorf-Pädagogik arbeitenden Schulen in Evinghausen von seinen Schülerinnen und Schülern. Jahresarbeiten nennt sich dieser, in eigenständiger Arbeit über einen längeren Zeitraum hinweg zu bewältigende Unterrichtsbestandteil. Am Donnerstagnachmittag wurden in der Johannes-Schule Evinghausen die diesjährigen Ergebnisse präsentiert. Neun Schülerinnen und Schüler der aktuellen 12. Klasse empfingen Eltern, Lehrer und Freunde zu dem „Fest der Jahresarbeiten“, wie es Klassenlehrer Sven Streich-Bruning in seiner Anmoderation formulierte.
Seit vier Jahren unterrichtet Sven Streich-Bruning als Oberstufenlehrer diese Klasse. Es ist allerdings darüber hinaus ein zusätzlicher Umstand, der Klasse und Lehrer in besonderer Weise miteinander verbindet. Als Sven Streich-Bruning vor etwas mehr als elf Jahren nach dem Studium an der Schule seine Tätigkeit aufnahm, war es eben jene 12. Klasse, damals ebenso neu an der Schule wie er, in der er seinen ersten Unterricht erteilte. Sie habe ihn Geduld gelehrt, die Fähigkeit, sich den Kleinigkeiten mit Achtsamkeit zuzuwenden, beschreibt er seine Zusammenarbeit mit den Zwölftklässlern.
Geduld war denn auch das Stichwort für die erste Präsentation. Jahresarbeiten haben den Sinn, dass sich junge Erwachsene mit einem von ihnen frei gewählten Interessengebiet einer selbstständigen wie kontinuierlichen Arbeitsweise sowie in Anschluss hieran der Öffentlichkeit stellen. Hierbei gilt es, die Schüler bei der Themenfindung für ihre Jahresarbeiten dort abzuholen, wo sie sich momentan auf seinem Lebensweg befinden. Dabei kann nicht der normalerweise gültige Maßstab von Leistungsfähigkeit oder Effektivität der Förderschüler angelegt werden. Immer aber ist es auch bei ihnen ein Ausschöpfen der individuell vorhandenen Möglichkeiten, ein Arbeiten mit den entwickelten Fähigkeiten.
Geduld zu pflegen und den Kleinigkeiten mit Achtsamkeit zu begegnen, das war der eigentliche Inhalt der Jahresarbeit von Daniel Kassen. Der offizielle Titel dieser Arbeit „Bauen von geometrischen Formen“ konnte da lediglich die vordergründig sichtbare Seite seiner Leistung wiedergeben. Daniel Kassen baut seit mehreren Jahren individuelle und sich stets weiterentwickelnde Gebilde aus Bauklötzen. Diese Tätigkeit ist für ihn die Möglichkeit, von einer starken inneren Unruhe hin zur Konzentration für den Schulunterricht zu finden. Die Präsentationen aller aktuellen Jahresarbeiten wurden von ihm mit einer großen Schachtel vielfarbiger Klötze eröffnet. Bauen auf der Bühne und am Ende war ein sauber sortiertes Gebäude aus Holzklötzen fertig.
Hier war eine Präsentation zu sehen, die das Zitat lebte, „Der Mensch ist nur dann ganz Mensch, wenn er spielt“. Geduld und Ausdauer waren zu sehen. Geduld beim Schüler, aber noch vielmehr Geduld, die Daniel Kassen erfolgreich dem Publikum abverlangte. Ihm gelang es, das Publikum nahezu eine halbe Stunde lang, vollkommen in ruhiger Aufmerksamkeit zu halten. Entschleunigung in Reinkultur und Konzentration ganz auf den Augenblick machten den besonderen Wert dieser Präsentation aus.
Nicht weniger Aufmerksamkeit verdienten die weiteren Themen. Herstellung einer Homepage, Baumhaus und seine Geschichte, Rap, Hunde, Lkw, Spielplatzgestaltung, Tanzen und Pizzabacken lauteten die Stichworte, die die Interessengebiete der jungen Erwachsenen der Johannesschule wiedergaben. Alle Präsentatoren nahmen das Erlebnis mit, vor einem größeren Publikum mit ihren jeweiligen Fachgebieten gestanden und bestanden zu haben.